Vorstellung: Kinderpsychosomatik in Graz: Prof. Dr. med. M. Dunitz-Scheer stellt die Therapie vor
„Das Grazer Modell“
Stationäre Sondenentwöhnung in 3 Wochen mit einem interdisziplinären Intensivprogram an der Univ. Klinik für Kinderheilkunde Graz, Österreich Liebe Eltern und Kollegen! Einleitung: Durch eine Fülle von spezifischen Gegebenheiten hat sich an der Abteilung Psychosomatik & Psychotherapie an der Grazer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Schwerpunkt des klinischen Interesse, der Fortbildung und der Forschung auf das Gebiet der frühen Ess-und Fütterungsstörungen verlagert. Mitbeteiligt an dieser Entwicklung waren und sind eine nebst der unentbehrlichen Kommunikation und Kooperation durch die betroffenen Kinder und Eltern selbst eine Fülle von pädiatrischen Kollegen mit ihren unterschiedlichen Subspezialisationen wie Gastroenterologie, Nephrologie, Pulmonologie, Neuropädiatrie, Kinderchirurgie, Radiologie, Dysphagiediagnostik Speiseröhrenfunktionsdiagnostik, Interaktions- und Beziehungsdiagnostik und viele mehr. Genauso wichtig ist aber die Integration der Pflege rund um die Uhr sowie die Unterstützung durch die paramedizinischen Therapeuten wie Physiotherapie, Logopädie, Heilpädagogik, Entwicklungspsychologie, Psychologie, Ergotherapie und Diätberatung, welche den Tagesablauf der betroffenen Kinder mit den unterschiedlichen Therapieeinheiten bereichern. Das ganze Team hat sich in ihrem Wissen und der entwickelten Denk- und Reflexionskultur mit der kritischen Unterstützung der gesamten Klinik über Jahre entwickelt und ein Konzept erarbeitet, dass funktioniert, aber in seiner Komplexität durchaus einer hoch spezialisierten Operationstechnik entspricht. Deshalb ist es nicht möglich, die Methode einfach zuhause oder an einer anderen Klinik zu übernehmen, nachzumachen und zu implantieren. Warum nicht? Wie jedes Know-how im Gebiet der hoch entwickelten Medizin gibt es einen inhaltlich technischen Teil und einen nicht minder wichtigen psychodynamischen Anteil bei diesem Konzept. Wir behaupten nicht, dass dies grundsätzlich nicht verstehbar oder gar erlernbar ist, wir warnen jedoch eindringlich nur von raschen und kurzfristigen „Kopierversuchen“, die leider auf Kosten der meist sehr stark bereits belasteten und traumatisierten Kleinkinder und ihren Familien gehen und die betroffenen Kinder einem unverantwortbaren medizinischen Risiko und sogar der Möglichkeit einer Verschlechterung der Gesamtsituation aussetzt. Mit diesem Schreiben möchten wir Sie ganz herzlich einladen, an unserer Erfahrung teilzunehmen und ein bisschen der Philosophie zu verstehen, die „hinter“ unserem Konzept steht. Die Philosophie basiert auf dem Wissen der Entwicklungspsychologie und Analyse frühkindlicher Lernprozesse und geht von einem jedem Kind innewohnenden, genetisch determinierten und angeborenen Lernpotential aus. Dies heißt soviel wie, dass Kinder seit tausenden Jahren das Essen und Trinken nicht darum erlernen, weil man es ihnen zeigt oder erklärt, sondern dass sie selbst die Kompetenz in sich tragen und das „Programm“ dafür selbst mitbringen, die lebenswichtigen Grundfunktionen des Lebens zu schaffen. Bereits intrauterin lässt sich ein schönes und koordiniertes Trinken, Saugen und Schlucken bereits ab der 14. Schwangerschaftswoche im Ultraschall feststellen. Literatur dazu haben Kollegen wie D.H. Winnicott, Selma Fraiberg, Dan Stern und Remo Largo sowie die Bindungstheorie u.v.m. angeboten. Lernprozesse wie das Sitzen und Gehen lernen, der Spracherwerb und eben auch die Essensentwicklung in der frühen Kindheit sind sowohl vom selbst gesteuerte Entwicklungsabläufe, die dem Gedanken der Selbstorganisation des modernen Management nahe kommen geprägt; sie unterliegen aber auch einem nicht unbeträchtlichen Einfluss der Außenwelt, welcher einerseits die Beziehungswelten und das Verhalten der Familie, andererseits die spezifischen Umstände wie das Heranwachsen in einer Intensivstation beinhalten. Wird dieser Gedanke nun auf die ganz spezielle Situation eines einzelnen Babies in seiner Familie angewendet, so ergibt sich die Notwendigkeit das „Natürliche“ zu kennen und seine jeweilig aktuellen Entwicklungsschritte zu unterstützen, was durchaus heißen kann, dass Eltern, Therapeuten und andere Erwachsene sich „zurücknehmen“ müssen. Das heißt, das Kind bei seinem Lernen möglichst wenig zu stören, möglichst wenig dreinzureden und möglichst wenig vorzugeben. Dies ist darum so wichtig, weil gesunde Kinder geradezu eine Allergie auf die Erwartung eines Nachmachens von vorgezeigtem Verhalten haben. Sie lernen nicht durch unmittelbares kopieren und nachahmen, sie lernen „von selbst“. Natürlich bedarf es eines gesunden und funktionierenden Umfeldes für die notwendigen Beobachtung und Erfahrungen des Kindes, aber die direkte "Schau, ich zeige es Dir vor und versuche es nun selbst mal“- Vorgabe, das pädagogische Konzept vieler Schulen heute noch, funktioniert nicht! Bietet man trotzdem - meist aus bester Absicht und dem natürlichen Wunsch, das Kind möge etwas möglichst endlich bald lernen – viele gezielte Angebote und Reize an, führt dies in aller Regel zu einem Widerstand und zu einem ganz bewussten Trotzen, gerade das Erwünschte zu verweigern. Je älter Kinder werden, desto raffinierter werden sie dabei, der von den Erwachsenen ersehnten Erwartung sich zu widersetzen. Dies kann soweit gehen, dass dieses Mach auch dann vom Kind gespielt und gewonnen werden will, wenn die Folgen des „Sieges“, nämlich seiner Verweigerung, gar nicht mehr förderlich sind oder gar eine schädigende Entwicklung wie beispielsweise eine künstliche Ernährung zur Folge haben. Es kann also die kurzfristige Folge abschätzen, die Aufregung und Verzweiflung der Mutter, was einer negativen Aufmerksamkeit gleichkommt und Unterhaltungscharakter haben kann, die längerfristigen Folgen kann es jedoch nicht abschätzen. Seltsamerweise kennen viele Kinderärzte diese Verhaltensmuster mit all ihren Nebenwirkungen, verhalten sich jedoch selbst auch immer wieder so, dass sie mit ihren Verordnungen und Ratschlägen auch selbst in diese kindliche „Falle“ laufen. Beim Kind mit Essverweigerung oder beim Kind, welches aus verschiedensten Gründen das Essen und Trinken bisher nicht erlernt hat, muss das Umfeld also diese Dynamik begreifen und sich als Umfeld paradox, also kindgerecht verhalten. Das Motto heisst also „mehr geschieht, wenn wir weniger tun“ oder „Finger weg vom Kind, lasst es ihn Ruhe, es wird schon, wenn der Druck nachlässt und niemand hinschaut!“. Die folgenden Files enthalten Texte, welche dieses Denkmodell als Grundphilosophie innehaben. Trotzdem muss gesagt werden, dass jedes einzelne Kind und jede einzelne Familie individuell und in ihrer Einzigartigkeit begegnet, beobachtet, begutachtet und behandelt werden muss. Selbst Kinder mit medizinisch gleichen Diagnosen können aus charakterlichen und altersspezifischen Gründen total verschieden sein und einem ganz unterschiedlichen Vorgangsweise und Handling bedürfen. Kompentenzzentrum Psychosomatik und Psychotherapie In der Abteilung für allgemeine Pädiatrie der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Graz Die Einrichtung für pädiatrische Psychosomatik und Psychotherapie zieht PatientInnen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum an. Es handelt sich hierbei vor allem um chronifizierte Essstörungen der frühen Kindheit, die im Rahmen eines interdisziplinären Ansatzes gemeinsam mit der Univ.-Klinik für Kinderchirurgie behandelt werden. Die Kinder zwischen 6 Monaten und 4 Jahren sind oft seit Geburt mit einer Sondenernährung versorgt, welche die Entwicklung psychischer, neurologischer und phoniatrischer Fähigkeiten beeinträchtigt und eine berechtigte Sorge für die behandelnden FachärztInnen und die Eltern der betroffenen Kinder darstellen. Die Kinder werden im Sinne der medizinischen Einzelleistung (MEL) 7501, oder 7506 behandelt, wofür diese Einrichtung von der Landeskommission anerkannt wurde. Hier bemühen sich nebst der ärztlichen Versorgung Mitglieder der psychologischen Ambulanz, der Physiotherapie, der Logopädie, sowie PsychotherapeutInnen der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde um diese Kinder. Von kinderchirurgischer Seite ist vor allem die funktionell-chirurgische Ambulanz in die Versorgung einbezogen. ------- Liebe Leser/-innen, Frau Prof. Dr. med. M. Dunitz-Scheer erreichen Sie über http://www.kinderpsychosomatik.at/node/13 Update 21.7.12: Kinderpsychosomatik in Graz - NoTube: Sondenentwöhnung ambulant übers InternetDies ist ein Archiv - keine aktuelles Wissen!
1 Kommentar
Kommentar von: Seher

Ich wohne in london bin neu umgezogen,hab hier eine freundin deren tochter neu operiert worden ist sie ist körperlich nicht behindert doch sie leidet schon während der geburt an ess und trink verschluckungen..sie kann jetzt normal essen doch beim trinken verschluckt sie sich immer noch gibt es eine heilung in ihrer klinik?